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„Still Painting“ nennt Evelyn Garden ein Bild, das um die Jahreswende 1999/2000 entstanden ist: trotzig arbeiten sich die beiden Worte aus einem bewegten Farbmassiv heraus. Der schwarzblaue Grund verbindet sich fließend mit Weiß und aufgehellten Magentatönen zum luftigen Firmament. Pinselhiebe wogen ungestüm und uferlos, lösen die Grenze zwischen Himmel und Erde, Luft und Wasser auf. In diesem Farbstrudel und dem amorphen Kontur steht als einzige Klarheit die Behauptung, mehr noch das untrügliche Wissen um den Status quo der Malerei: still painting! Ein Berg tut sich auf, dessen Spitze in den Wolken nur zu ahnen ist - kein Ende absehbar. Gleichsam blicken wir in einen Meeresspiegel, der unendliche Tiefen verspricht, ohne die Gefahren des Tiefgangs zu verbergen - helle Schaumwirbel klären das Dunkel wie Wegweiser auf, doch kein Sterblicher vermag über das Wasser zu gehen. Die Landschaft wird zur Chimäre. Die Kunst allein und mit ihr seit Urzeiten die Malerei vollzieht diesen Schritt ins Unmögliche, versinnbildlicht solides Fundament und labile Oberfläche in Einem, führt mithin an die bipolare Einheit von Leben und Tod.
Um diese Kraft und Immortalität der Malerei weiß Evelyn Garden, wenngleich ihre Entwicklung als Künstlerin in einer Zeit erfolgte, die mit postmodernen Unkenrufen einmal mehr das sichere Ende von Leinwand und Pinsel garantierte. Damit einhergehende Zweifel werden bei Garden nicht ins Abseits gedrängt, sondern prägen ihr Werk in höchst produktiver Weise mit. Nicht zuletzt dank ihrer Doppelbegabung ist die Malerin im Zwiegespräch mit der Lyrikerin des Zweifels dann doch erhaben. Evelyn Gardens Gedichte tragen die Leichtigkeit ihrer spontanen Linienführung, saugen die Farben der Bilder im Untergrund in sich auf. Doch die Gedichte erläutern die Bilder ebensowenig wie die Bilder und Zeichnungen die Gedichte illustrieren. Alles verhält sich zueinander wie der Hauptweg zu den Nebenwegen.